Wen wollt ihr bei der Bundestagswahl wählen?
Gähnende Leere und ein Stückchen Populismus
Bitcoin in den Programmen zur Bundestagswahl 2025: Leider verpassen die meisten Parteien die Chance, das Thema aufzugreifen. Das beste, was wir erwarten können, wird Protest der Opposition gegen eine schlechte Kryptopolitik sein.
Da die Republik bald an die Wahlurnen gerufen wird, schauen wir in die Programme der wichtigsten Parteien. Bitcoin und Kryptowährungen sind dabei natürlich nur eines von vielen Themen, die relevant sind, aber wir, als Bitcoinblog.de, konzentrieren uns darauf.
Wie stehen die künftigen möglichen Volksvertreter zu Bitcoin? Erwähnen sie es? Oder zumindest Kryptowährungen? Oder, wir wollen ja nicht viel, Blockchain, Digital Ledger Technology oder „Kryptoassets“? Und wenn ja, im positiven oder negativen Sinne?
Wir haben uns also durch die Programme der Parteien gelesen und zusätzlich Mails an die Pressevertreter geschrieben. Das Programm haben wir nach Begriffen wie „Bitcoin“, „Kryptowährungen“, „Blockchain“, „Kryptoassets“, „Digital Ledger“ abgesucht. Wenn wir fündig werden, zitieren wir daraus, wenn nicht, gilt, was die Parteien antworten oder in der Vergangenheit angekündigt haben. Eine Zusammenfassung der Wahlprogramme von 2021 findet ihr hier .
Die Reihenfolge, in der wir die Parteien vorstellen, richtet sich nicht nach persönlichen Präferenzen, sondern den letzten Umfragen nach wahlrecht.de .
CDU/CSU
Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit wird die Union den nächsten Kanzler stellen. Im Wahlprogramm findet sich aber leider kein Wort zu Bitcoin, Kryptowährungen, Blockchain oder Ledger. Auch die Nachfrage per Mail brachte keine weiteren Informationen, Spitzenkandidate Friedrich Merz stellte sich leider nicht für ein Interview zur Verfügung.
Hinweise geben daher nur die vergangenen Positionen der CDU. Im Wahlprogramm 2021 wollte die Union einerseits Kryptowährungen strenger beaufsichtigen, um Geldwäsche zu verhindern, aber andererseits Blockchain-Technologien fördern. Im Januar 2024 fiel die Partei unangenehm auf, als sie einen Antrag auf eine besonders strenge Kontrolle und Überwachung von Kryptowährungen einbrachte, der noch deutlich über die Regeln von MiCA und der FATF hinausging. Immerhin vertritt der CDU-Europaabgeordnete Stefan Berger eine relativ kryptofreundliche Position und bestätigt aktuell, dass die Union Mining nicht verbieten möchte.
AfD
Die AfD ist nach Umfragen die zweitstärkste Partei und wird daher an dieser Stelle vorgestellt. Das Wahlprogramm für die Bundestagswahl ist noch nicht offiziell, wurde aber am vergangenen Wochenende beschlossen. Der Leitantrag ist als pdf verfügbar.
In ihm gibt es ein Kapitel „Bitcoin: Erhalt von Freiheit und Staatsferne“. Über die Entscheidung haben wir schon berichtet . Die AfD begrüßt Bitcoin als „Kandidat im Wettbewerb der Währungen“. Sie kritisiert die MiCA-Regulierung und fordert die „die weitgehende Deregulierung des Bitcoins sowie der Bitcoin-Wallets und der Handelsplätze“. Sie setzt sich für die Beibehaltung der 1-Jahres-Frist ein. Zu Kryptowährungen und Blockchain hat die AfD dagegen keine Position.
Das klingt gut. Doch laut der Ex-AfD-Politikerin Joana Cotar hat die Partei nur wenige Politiker, die Bitcoin wirklich verstehen, darunter ausdrücklich nicht Peter Boehringer, der als Sprecher für Geld- und Währungspolitik die Passage im Wahlprogramm mit beschlossen hat. Die Vorstellung, man könne oder müsse Bitcoin oder Bitcoin-Wallets „deregulieren“, spricht dafür. Daher dürfte die Passage im Wesentlichen dem populistischen Wunsch geschuldet sein, von Trumps Erfolgen zu lernen.
Ohnehin hat die AfD keine Ausssichten, Regierungsverantwortung zu übernehmen, da keine andere Partei mit ihr koalieren möchte. Was aus einer Vielzahl an Gründen, die nicht unser Thema sind, goldrichtig ist. In der Opposition könnte die AfD allerdings scharf gegen eine weitere (Über-)Regulierung von Bitcoin protestieren.
SPD
Die derzeit den Kanzler sowie Präsidenten stellenden Sozialdemokraten landen nach aktuellen Umfragen auf dem dritten Platz. In ihrem Wahlprogramm findet sich, wie bei der CDU, nicht eine Silbe zu Bitcoin, Krypto-, Blockchain usw. Immerhin hat mir die Pressestelle erklärt, weshalb:
„Angesichts der sehr verkürzten Zeitläufe in diesem Bundestagswahlkampf haben sich die Generalsekretäre der Parteien SPD/BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN/FDP/CDU/CSU/Die Linke darauf geeinigt, nur Wahlprüfsteine von einigen wenigen vorab gemeinsam vereinbarten, die gesamte Breite des gesellschaftlichen Spektrums repräsentierenden Verbänden und Organisationen zu beantworten.“
Zunächst einmal wirken Absprachen, womit man Wahlkampf machen wird, etwas merkwürdig. In jedem Fall zeigt dies, wie wenig Bedeutung die SPD Bitcoin und Co. zuweist.
Bereits das Wahlprogramm 2021 sagte wenig zu Kryptowährungen, und wenn, dann nur das schlechteste. Es stellte vor allem die Ablehnung privater Währungen heraus, was zu dieser Zeit hauptsächlich Stablecoins meinte. Dies entspricht der scharfen Ablehnung von Libra durch Olaf Scholz zu seiner Zeit als Finanzminister zeigte.
Die Grünen
Knapp nach der SPD folgen den Umfragen nach die Grünen. In deren Wahlprogramm findet sich, immerhin, eine Erwähnung von Kryptowährungen. Diese steht allerdings unter dem Absatz „Für eine klare Kante gegen Geldwäsche und organisierten Steuerbetrug“: „Mit einer bundesweiten Servicestelle wollen wir die Expertise über den Missbrauch von Kryptowährungen bündeln und für die Länder nutzbar machen.“
Zwar wäre mehr Kompetenz bei der Aufsicht durchaus zu begrüßen. Doch ob es dazu wirklich eine vierte Behörde neben BaFin, Zoll und Bundesbank braucht, ist fraglich. Nett wäre zudem gewesen, wenn die Grünen etwa versprochen hätten, das Potenzial von Bitcoin-Mining für die Energiewende zu prüfen. Aber dies wäre vermutlich zu viel verlangt gewesen.
Sehr unschön dagegen ist, dass die Grünen offenbar an ihrem Vorhaben festhalten wollen, mit der 1-Jahres-Frist für den steuerfreien Verkauf den letzten Standortvorteil für Kryptowährungen zu kassieren. Dies entspricht Habecks Ankündigung, auch Sozialbeiträge für Kapitalerträge zu verlangen.
BSW
Das Bündnis Sahra Wagenknecht hat leider eine Chance, in den Bundestag einzuziehen. Zu Bitcoin, Kryptowährungen oder Blockchains hat die seltsame Organisation nichts zu sagen. Geht es nach einem der prominenteren Mitglieder, Fabio de Masi, dürfte die antiwestliche Kaderpartei Bitcoin ausgesprochen ablehnend gegenüberstehen.
FDP
Neben der AfD ist die FDP die einzige Partei, die Bitcoin im Wahlprogramm erwähnt. Und zwar ist das folgende zu lesen:
„Wir begrüßen die Entwicklung von Kryptowährungen und Digital Ledger Technologie und setzen uns für die Zulassung von Krypto-ETFs ein. Wir sind offen dafür, dass die Europäische Zentralbank und die Deutsche Bundesbank Kryptowährungen wie Bitcoin als Währungsreserven verwenden. Das kann die Resilienz des europäischen Währungssystems stärken.“
Mal abgesehen davon, dass man in Deutschland seit bald einem Jahrzehnt Bitcoin-ETN handeln kann, ist die Offenheit für eine Bitcoin-Reserve natürlich entzückend. Besser gesagt: Sie wäre es, wenn nicht FDP-Chef Christian Lindner in dreieinhalb Jahre Finanzminister jede einzelne Gelegenheit versteichen ließ, eine Pro-Bitcoin-Politik zu fahren. So drängt sich der Verdacht auf, dass diese Passage nur gestreut wurde, um Stimmen einzufangen.
Selbst wenn es die FDP über die 5-Prozent-Hürde schafft, hat sie wenig Aussichten auf eine Regierungsbeteiligung. Immerhin kann man hoffen, dass sie aus der Opposition heraus energisch gegen eine weitere Regulierung oder Abschaffung der 1-Jahres-Frist protestiert.
Linke
Die Linke droht bei dieser Wahl unter die 5-Prozent-Hürde zu fallen. In ihrem Programm findet sich kein Wort über Bitcoin, Kryptowährungen und so weiter. Bei der letzten Wahl plädierte die Partei für eine stärkere Überwachung von Kryptowährungen und ein Verbot des (hierzulande eh kaum existenten) Minings. Aber da eine Regierungsbeteiligung der Linken ohnehin nicht zur Debatte steht, ist das auch nicht so relevant.
Das beste, das wir erwarten können …
Alles in allem sind die Aussichten also trübe bis düster. Die Parteien, die eine Aussicht auf Regierungsverantwortung haben – CDU, SPD, Grüne – ignorieren Bitcoin und Kryptowährungen im besten Fall, tendieren aber dazu, sie abzulehnen und strenger zu regulieren und höher besteuern zu wollen. Die einzigen beiden Parteien, die dem Thema positiver gegenüberstehen – die FDP und AfD – scheinen dies vor allem aus wahlkampftaktischen bzw. populistischen Gründen zu tun. Sie haben keine oder kaum eine Aussicht darauf, Teil der nächsten Regierung zu sein. Somit wird das beste, was wir erwarten können, ein scharfer Protest der Opposition gegen eine kryptofeindliche Politik sein.
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